Historisches

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EinkurzerRueck„Mit Stolz und großer Freude feiert die Königlich privilegierte Schützengesellschaft Immenstadt 1593 in diesem Jahr das 400jährige Jubiläum ihrer Gründung“.

So beginnt die Festschrift, die 1993 anlässlich des Vierhundertsten Geburtstages des Vereins herausgegeben wurde. Folgen wir hier kurz der Geschichte des Schützenwesens in Immenstadt:Als die Siedlung Imendorff im Jahre 1360 zur Stadt erhoben wurde bekam sie auch das Recht, sich zu „bevestnen mit graben, meuren, Türmen, porten und ander Vestung“. Zehn Jahre später waren die Immenstädter Mauern und Türme im großen und ganzen wohl fertiggestellt und es galt nun, diese für den Ernstfall zu besetzen. Die Verteidigung einer Stadt setzte aber eine eingespielte Mannschaft voraus, die mit den ihr zur Verfügung stehenden Waffen umzugehen verstand.

Darauf hin wurde eine Art Bürgerwehr ins Leben gerufen, die im Zusammenwirken mit der Landbevölkerung die Verteidigung der noch jungen Stadt zu übernehmen hatte. Somit können wir davon ausgehen, dass die Anfänge des Immenstädter Schützenwesens in diesen Zeiten zu suchen sind.

Dieser Wehrgemeinschaft waren neben ihrer eigentlichen Zweckbestimmung (der Abwehr von Angreifern) der Streifendienst in Gefahrenzeiten, der Wachdienst auf Türmen, Wehrgängen und Brücken und die Jagd nach gefährlichen Tieren übertragen. Dazu hatte sie Waffen- und Schießübungen durchzuführen, für die wiederum ein entsprechendes Gelände erforderlich war.

Um den Standard der Schützen auf dem erforderlichen Leistungsniveau zu halten wurde wöchentlich ein Schießtag eingeführt. Alle wehrfähigen männlichen Untertanen zwischen 18 und 60 Jahren waren verpflichtet, jährlich an mindestens drei dieser Schießtage teilzunehmen. Hauptwaffe eines derartigen bürgerlichen Verteidigungsverbundes war in erster Linie die Armbrust. Einem geübten Armbrustschützen soll es möglich gewesen sein, acht Schüsse in der Minute abzugeben, die auf eine EntfernHistBild2ung von ungefähr 150 Schritt das ins Auge gefasste Ziel mitSicherheit trafen.

Alsbald scheint sich jedoch auch bei den Immenstädter Schützen das neuartige Feuerrohr bzw. die Kugel-büchse durchgesetzt zu haben.

In der ältesten uns bekannten Schützenordnung der ehemaligen Grafschaft Rothenfels aus dem Jahre 1559 ist jedenfalls nur noch von „büchsen“ die Rede.

Überhaupt stellt dieses Schriftstück, bezogen auf unsere Stadt, eine Rarität dar.

Die darin enthaltenen Verpflichtungen, Verhaltensvorschriften und Strafandrohungen sowie die Nennung eines Schützenmeisters, eines Zielers usw., setzen die Existenz einer organisierten Schützengilde voraus. Erstmals werden die Einrichtung einer Immenstädter Schießstätte genannt.

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Die nächsten Jahrzehnte stehen im Zeichen politischer Unsicherheit in der Region. Grafschaften werden verkauft und gekauft, Herrscher wechseln und die Landbevölkerung leidet.

Georg Freiherr zu Königsegg (1567–1622) bildet im Jahre 1593 aus fremden Landsknechten ein eigenes gräfliches Schützencorps.

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Vorgang und Jahreszahl sind seither untrennbar mit der Entstehung der Immenstädter Schützengesellschaft verbunden. Die Verhältnisse zwischen der Herrschaft und der Bevölkerung scheinen sich nach 1600 wieder etwas normalisiert zu haben, denn aus dem Jahre 1608 wird von einem Freischießen zu Immenstadt berichtet.

Als besonders wichtig erwies sich eine schlagkräftige Schützentruppe dann in den Jahren des 30-jährigen Krieges (1618–1648) und danach – als streunende Söldnerhaufen, brotlos gewordene Landsknechte und anderes Raubgesindel die leidgeplagte Bevölkerung nicht zur Ruhe kommen ließen.

Wohl aufbauend auf den Erfahrungen der Kriegsfurie entwickelte sich zwischen den regierenden Grafen und den Immenstädter Schützen ein besonderes Vertrauensverhältnis und das Haus Königsegg wurde zum großen Förderer des hiesigen Schützenwesens.

Unter dem Einfluss eines sich etablierenden Zunftwesens, eines wachsenden bürgerlichen Wohlstandes und unter der fürsorglichen Hand des Landesherren entwickelte sich die Schützengilde mehr und mehr zu einem wichtigen gesellschaftlichen Faktor in der Stadt, der neben den obligatorischen Schießwettkämpfen auch Veranstaltungen anderer Art in die Wege leitete. Kurz, man war „städtischer“ geworden und pflegte diesen Stil betont.

Zwar hatte nach wie vor jeder unbescholtene Bürger das Recht, um Aufnahme in die Schützengilde zu bitten, allerdings musste sich der Nachsuchende nun zuvor eine Beurteilung seines Charakters sowie die Überprüfung seines Lebenswandels gefallen lassen. Nur wenn sieben Achtel aller Mitglieder für seinen Beitritt stimmten, stand diesem nichts mehr im Wege. Hatte sich dagegen ein Mitglied etwas zu-schulden kommen lassen, genügte bereits ein Stimmenanteil von einem Achtel, um ihn aus der Gemeinschaft auszuschließen.

Die im Ort lebenden gräflichen Beamten waren aufgrund ihres Standes Ehrenmitglieder. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war der ursprüngliche Wehrzweck der Organisation zugunsten der Geselligkeit vollständig in den Hintergrund getreten. Die Schießwettbewerbe wurden nun mit allen möglichen Arten der Volksbelustigung verbunden. Würfel- und Schaubuden, Gaukler. Musikanten, Bierzelte und ähnliches Jahrmarktstreiben beglückten Teilnehmer und Gaste und führten zu regen Kontakten mit den Schützen und Bürgern der umliegenden Städte und Gemeinden.

Aufgrund des Preßburger Friedens fiel die Grafschaft Rothenfels 1806 an das Kurfürstentum Bayern. Unter den wechselvollen Ereignissen der Tiroler Befreiungskriege hatten auch die Immenstädter Schützen zu leiden. In das Schützen-haus wurden Soldaten einquartiert.

1813 wurde vom bayerischen Staat ein Landwehr-Bataillon aufgestellt, das aus einer Schützen- und einer Füsilier-kompagnie bestand. Erstere rekrutierte sich zu ihrem größten Teil aus den Männern der bisherigen Schützengilde, die sich, nun versehen mit weißblauer Montur, auch einen neuen Namen militärischer Prägung zulegen musste.

Es war an allen Ecken und Enden spürbar: Aus den ehemals gesellschaftlich so aktiven Schützen war unter dem Druck der Staatsmacht wieder ein militärischer Verband geworden.

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Das Revolutionsjahr 1848 trug wesentlich zur Neuorientierung des Schützenwesens bei. Inspiriert von den Ideen eines Turnvaters Jahn und begeistert von liberalem Gedankengut schossen patriotische Vereine wie Pilze aus dem Boden. In Immenstadt wurde ein bewaffnetes Freikorps gegründet. Am 24. Juli 1848 veranstaltete die Schützengesellschaft ein großes Festschießen, bei dem nebenher auch 2000 Maß Bier getrunken wurden. Nebenstehender Spruch, über dem Eingang der Schießstätte angebracht, spiegelt den damaligen Zeitgeist wider.

Diese allgegenwärtige vaterländische Gesinnung und das Streben nach Einigkeit führten schließlich auch zur Gründung des Deutschen Schützenbundes am 11. Juli 1861 in Gotha.

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EngensteinEin außergewöhnliches Ereignis in der Geschichte der Schützengesellschaft war schließlich der
Neubau einer Schießstätte mit Schützenhaus und Gastwirtschaft im Jahre 1873 am „Engenstein“.Sie wurde im Beisein des Reichtags- und Landtagsabgeordneten Dr. Joseph Völk und anderer prominenter Persönlichkeiten feierlich eröffnet und mit markigen Reden und strammer Musik wurde eine glanzvolle Schützenzukunft beschworen.80 Schützen aus dem gesamten Allgäu nahmen am Festschießen teil.
Zum Höhepunkt in der Geschichte der Immenstädter Schützengesellschaft wurden im Jahr 1893 schließlich die Feierlichkeiten zu ihrem 300-jährigen Bestehen. 68 Schützen kämpften um eine große Anzahl wertvoller Preise, die von einem schießbegeisterten Personenkreis gestiftet worden war. Die ganze Stadt war beflaggt und von den Höhen ringsum donnerten die Böller und leuchteten abends die Freudenfeuer. In den folgenden Jahren waren die Kräfte erschöpft. Langsam setzte der Niedergang des Vereins ein. Im beginnenden 20. Jahrhundert wandte sich das Interesse der Bevölkerung mehr und mehr den neu aufkommenden Sportarten wie dem Skisport, dem Fußballsport u.a. zu. Die Kriegsjahre 1914–1918 trugen gleichfalls dazu bei dass die Schützengesellschaft Mühe hatte, sich am Leben zu erhalten.
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Die Machtübernahme durch Adolf Hitler brachte 1933 dann die Gleichschaltung aller Schützenvereine im Sinne der Richtlinien der NSDAP. Am 15. August 1933 wurde auch der Deutsche Schützenbund aufgelöst und verschmolz mit anderen Schützenverbänden im Deutschen Schießsport-Verband. Diesen radikalen Schnitt überlebte in Immenstadt nur die Königlich privilegierte Schützengesellschaft, die anderen Schießsportabteilungen lösten sich auf. Die in den folgenden Jahren zwischen Führerbildnis und Hakenkreuzfahne abgehaltenen Schießübungen standen, wie zwanzig Jahre zuvor, fortan wieder unter dem Motto: „üb‘ Aug‘ und Hand fürs Vaterland!“

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 leitete schließlich eine Entwicklung ein, an deren Ende das vorerst endgültige Aus für die deutschen Schützenvereine stehen sollte. Die Geschehnisse auf den Kriegsschauplätzen hinterließen auch bei der Schützengesellschaft in der Heimat ihre Spuren. Mit dem jahreszeitlichen Endschießen vom 5. November 1944 wurde in Immenstadt der Schießbetrieb eingestellt.

Nach dem Kriegsende dachte vorerst niemand an eine Wiederaufnahme der Schützentraditionen und den wenigsten Männern stand der Sinn danach, wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen. Hinzu kam, dass die Besatzungsmächte jegliche schießsportliche Betätigung strikt untersagt hatten. Auch die Gewehre und Munition mussten unverzüglich abgeliefert werden. Unter diesen Voraussetzungen sahen die Immenstädter Schützen keine Möglichkeit einer weiteren Existenz. Am 14. Februar 1946 beschloss die letzte Mitgliederversammlung im Gasthof „Krone“ die Auflösung der Schützengesellschaft Immenstadt 1593.

Diese unter dem Druck der damaligen Verhältnisse getroffene Entscheidung war aus heutiger Sicht übereilt. Schließlich wurde bereits zwei Jahre später das Schießen – allerdings mit Luftgewehren – wieder erlaubt.

1956 war es dann soweit. Unter der Überschrift „Ältester Verein wiedererstanden“ konnte die Allgäuer Zeitung am 13. Januar berichten, dass die seit 1946 ruhende Königlich privilegierte Schützengesellschaft Immenstadt am 10. Januar 1956 im Gasthof „Sonne“ zu neuem Leben erweckt worden war.

Als nie ruhender Motor seines Vereins erwies sich in diesen Jahren Oskar Henle, der mit Ideenreichtum und vorbildlichem Engagement die Schützengesellschaft von 1959–1970 und von 1972–1978 führte. Ein würdiger Nachfolger wurde der bis 2011 amtierende 1. Schützenmeister Peter Kösel, der die von Henle begonnene Arbeit zielstrebig fortsetzte. In seine Amtszeit fielen so bedeutsame und umfangreiche Unternehmungen, wie der Umzug der Schützen in das Sportzentrum und der Bau der Kleinkaliberanlage.

Peter Kösel und seine Vorstandskameraden zeichnen auch für die Durchführung der Jubiläumsfeierlichkeiten 1993 verantwortlich. Hinter all diesen arbeitsintensiven und zeitaufwendigen Vorhaben stand und steht – für Außenstehende kaum sichtbar – eine beispielhafte Kameradschaft und der sprichwörtliche Schützengeist, der keinen ausgrenzt, der aber auch zu gerne gemeinschaftsorientiertem Handeln verpflichtet. Dieser Einstellung verdankt der Verein seine gesunde sportliche und wirtschaftliche Basis. Er verfügt heute über 240 Mitglieder,
von denen 3 Herren-, 1 Damen- und 1 Pistolenmannschaft am Wettkampfgeschehen teilnehmen.

Die Königlich privilegierte Schützengesellschaft Immenstadt 1593 ist ohne ihr reiches historisches Fundament nicht denkbar. Schließlich hat sie aus den jahrhundertealten Sitten und Gebräuchen des Schießwesens ihren Halt, aus der Geselligkeit und Kameradschaft aber die Kraft bezogen, mit der sie in der Vergangenheit alle Höhen und Tiefen gemeistert hat. Das derzeit intakte und lebendige Vereinsleben eröffnet einen hoffnungsfrohen Ausblick in die Zukunft.